Der „AIDA-Kussmund“ fällt in den Anwendungsbereich der Panoramafreiheit, obwohl es ein nicht ortsfestes Werk ist.
Die Klägerin ist Inhaberin der Kreuzfahrtschiffe, die den „AIDA-Kussmund“ am Bug tragen. Der Beklagte betrieb eine Internetseite, auf der er Ausflüge bei Landgängen auf Kreuzfahrtreisen in Ägypten anbot. Auf dieser Seite veröffentlichte er das Foto der Seitenansicht eines Schiffes der Klägerin, auf dem der „AIDA Kussmund“ zu sehen ist. Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte habe damit ihre Rechte am „AIDA Kussmund“ verletzt. Die Wiedergabe des auf dem Kreuzfahrtschiff aufgemalten Motivs sei nicht von der Schrankenregelung des § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG gedeckt, da sich das Kunstwerk nicht bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinde.
Das Gericht lehnte die Klage ab. Gemäß § 59 Abs. 1 S. 1 UrhG ist es zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Die Regelung beruht auf der Erwägung, die Aufstellung eines Kunstwerkes an öffentlichen Orten bringe zum Ausdruck, dass damit das Werk der Allgemeinheit gewidmet werde; aus dieser Zweckbestimmung rechtfertige sich eine Beschränkung des Urheberrechts in der Weise, dass jedermann das Werk abbilden und die Abbildungen verwerten dürfe. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Urheber an der wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke beteiligt wird.
Ein Werk befindet sich „an“ öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, wenn es von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus wahrgenommen werden kann. Ein Werk befindet sich auch dann im Sinne von § 59 Abs. 1 S. 1 UrhG an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, wenn es den Ort wechselt und es sich bei den verschiedenen Orten, an oder auf denen sich das Werk befindet, um öffentliche Orte handelt. Es ist unerheblich, ob es im privaten oder öffentlichen Eigentum steht.
Das ins Internet eingestellte Lichtbild zeigt den „AIDA Kussmund“ so, wie er von einem öffentlichen Ort aus wahrgenommen werden kann. Deswegen ist es von der Panoramafreiheit des § 59 Abs. 1 S. 1 UrhG umfasst.
Urteil des BGH vom 27.04.2017, Az.: I ZR 247/15