Ein bewilligter Urlaub muss abgegolten werden, wenn für diesen Zeitraum nachträglich ein Beschäftigungsverbot besteht, auch wenn er zeitlich vor dem Beschäftigungsverbot bewilligt worden ist.
Die Klägerin war bei der Beklagten im Blutspendebereich angestellt und stellte einen Urlaubsantrag am Anfang des Jahres 2013 für Urlaubstage im Juli, August und Oktober. Diesen gewährte die Beklagte ihr.
Einen Monat vor Urlaubsantritt teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie schwanger sei und Ende des Jahres entbinden würde. Aufgrund der mit ihrer Tätigkeit verbundenem Umgang mit infektiösem Material wurde die Klägerin auf Grundlage des § 4 der Verordnung zum Schutze der Mutter i.V.m. § 4 des MuSchG ab Juni ein Beschäftigungsverbot erteilt. Sie begehrte die Abgeltung der gewährten Urlaubstage, die in den Zeitraum des Beschäftigungsverbots fielen.
Das BAG entschied, wie zuvor das LAG Thüringen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die bereits gewährten Urlaubstage aus dem Jahr 2013 gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Der Urlaubsanspruch ist nicht wegen Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB untergegangen, denn für die Klägerin bestand in diesem Zeitraum keine Arbeitspflicht aufgrund des Beschäftigungsverbots. Ein Urlaubsanspruch ist nur dann erfüllt, wenn eine Freistellungserklärung des Arbeitsgebers vorliegt. Jedoch bewirkt die Freistellungserklärung nur das Erlöschen des Urlaubsanspruchs gemäß § 362 Abs. 1 BGB, wenn für den Freistellungszeitraum eine Arbeitspflicht des Arbeitnehmers besteht, was hier jedoch nachweislich nicht gegeben ist.
Auch ist der Anspruch der Klägerin nicht durch nachträgliche Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB untergegangen, denn § 17 Satz 2 MuSchG verhindert den Untergang des Urlaubsanspruchs, der nach Festlegung des Urlaubszeitraum infolge eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots nicht genommen werden kann. Die mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote nach § 4 MuSchG im Anwendungsbereich des § 17 Satz 2 MuSchG enthalten, da dieser nicht nur für die Beschäftigungsverbot des § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG gilt. Da die Beklagte der Klägerin keinen anderweitigen, ungefährlichen Ersatzarbeitsplatz zuweisen konnte, ist die Klägerin von ihrer Leistungspflicht entbunden gewesen.
BAG v. 09.08.2016, Az.: 9 AZR 575/15